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Fallbericht: Einsatz von virtueller Realität in der Kinder- und Jugendpsychotherapie

Dr. Claudia Ruff berichtet aus ihrer Praxis

Therapeutisches Setting

Dr. Claudia Ruff arbeitet in ihrer Praxis mit Kindern und Jugendlichen, bei denen Entwicklungsrückstände, Ängste und Verhaltensauffälligkeiten im Vordergrund stehen. Ein zentrales Arbeitsfeld ist die Expositionsbehandlung, seit einiger Zeit unterstützt durch Virtual Reality (VR).

Ausgangssituation

Im vorgestellten Fall handelt es sich um ein 11-jähriges Mädchen, das seit längerer Zeit in Psychotherapie ist. Sie lebt als Pflegekind bei den Großeltern, es bestehen deutliche Entwicklungsrückstände, zudem steht ein fetales Alkoholsyndrom (FAS) im Raum.

Besonders herausfordernd: Die Orientierung in Raum und Zeit fällt dem Mädchen schwer, neue Situationen lösen Angst und Verweigerung aus. So auch beim geplanten Familienausflug in den Tierpark. Vor allem der Streichelzoo machte ihr große Sorgen. Die Angst vor direktem Tierkontakt war stark ausgeprägt.

Entscheidung für Virtual Reality

Ein reales Training im Tierpark wäre kaum praktikabel gewesen. Gleichzeitig schien die Angstbewältigung wichtig, da der Familie zunehmend gemeinsame positive Aktivitäten fehlten. Anstatt die Belastung den Pflegeeltern zu übertragen, entschied sich Frau Dr. Ruff, die Exposition mithilfe von VR in der Praxis selbst durchzuführen.

Vorgehen und Ergebnisse

Zu Beginn lernte die Patientin die VR-Brille mit entspannenden Videos kennen und empfand dies als angenehm. Nach einer kurzen, altersgerechten Wiederholung des Angstbewältigungsmodells folgte die Exposition:

  • zweimalige Konfrontation mit Tier-Videos, die zunächst mittlere bis starke Angst auslösten
  • schnelle Habituation während der Sitzungen
  • bereits nach der zweiten VR-Exposition war die Angst deutlich reduziert

Das Ergebnis war unmittelbar sichtbar: Kurz darauf besuchte die Familie gemeinsam den Tierpark und erlebte einen positiven, angstfreien Ausflug.

Besondere Vorteile der VR

Dr. Ruff hebt hervor, wie sehr VR die praktische Arbeit erleichtert:

  • Wegfall aufwändiger Vor-Ort-Expositionen
  • bessere Planbarkeit und Dosierbarkeit
  • stufenweise Steigerung der Schwierigkeit, die in vivo kaum umsetzbar wäre
  • Entlastung von Kindern und Eltern, da weniger Übungen außerhalb der Therapie verlangt werden

Anwendungsschwerpunkte

Die VR-Brille wird in ihrer Praxis vor allem für Expositionen bei spezifischen Phobien eingesetzt, daneben auch in den Bereichen Entspannung und Achtsamkeit. Besonders häufig nutzt sie Tier- und Medizin-Videos sowie das virtuelle Aquarium, bei Mädchen auch Pferde-Szenarien.

Empfehlung an Kolleg:innen

„Der Einsatz von VR hat sich in meiner Praxis bereits nach kurzer Zeit bewährt. Die Technik ist einfach und sicher anzuwenden und wird von Kindern und Jugendlichen in der Regel gut akzeptiert. Wichtig finde ich, vor der ersten Anwendung auch selbst einmal in die VR einzutauchen."

👉 Dieser Referenzfall zeigt eindrücklich, wie VR die Arbeit in der Kinder- und Jugendpsychotherapie bereichern kann: praxisnah, effizient und mit hoher Akzeptanz bei jungen Patient:innen.

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